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Didaktik: “Die Geschichte des Kindergartens” Auslösender Aspekt Gemeinsam mit der Entwicklung der Industrialisierung Mitte des 19.Jahrhunderts entstand die Notwendigkeit, Kinder in Kleinkindbewahranstalten zu betreuen. Die kleinen familiären Manufakturen und Handwerkerbetriebe starben zunehmend unter dem Aufkommen großer Fabriken, so wurden beide Elternteile oft berufstätig. (Vgl. Laaber, 2011) Vor allem untere soziale Schichten nutzten die ganztägige Betreuung, nicht zuletzt um ihre Kinder vor Vernachlässigung zu bewahren. Jedoch hatten diese Anstalten auch keinen weiteren Zweck, als die Kinder mit dem nötigsten zu versorgen, oft hielten sich viel zu viele Kinder in spärlich eingerichteten Räumen gemeinsam auf. (Vgl. Wikipedia, 2014)
Der erste Kindergarten Friedrich Fröbel (1782 – 1852) stiftete in Blankenburg (Thüringen, Deutschland) den ersten Kindergarten. Ausschließlich Kinder des gehobenen Mittelstandes besuchten diesen Kindergarten. (Vlg. Laaber, 2011) Gräfin Teréz Gräfin von Brunszvik gründete im österreich-ungarischen Buda 1828 die erste Kinderbetreuungseinrichtung mit dem Namen “Engelgarten”. Ihre pädagogische Erfahrung gab sie auf ihren Reisen in vielen Ländern weiter. Bis zu ihrem Tod gab es in Österreich-Ungarn 80 Kindergärten. Zu bemerken sei, dass es einige Ansätze gab, bevor es tatsächlich zu einer Gründung von F.Fröbel kam. Er prägte den Gedanken, dass die Erziehung des Kindes ein gemeinsames Werk von Famile und Kindergarten sei. Er hatte bemerkt, dass das kindliche Spiel und die Fähigkeit dazu, eine notwendige Voraussetzung für die spätere Entwicklung zum Erwachsenen sei. Ziel der Erziehung war ihm die Freiheit und Selbstbestimmung des Menschen und daher sollten auch einengende Vorschriften und Strafen aus der Erziehung verbannt werden. Seine Idee von Pädagogik setzte sich nicht nur in Deutschland, sondern in vielen anderen Ländern durch. (Vgl. Wikipedia, 2014) Bis 1871 gab es in Niederösterreich 18 solcher Einrichtungen, in Oberösterreich 32, Böhmen 42, Triest, Görz und Istrien 43, Salzburg 3, Steiermark 5, Kärnten 2, Krain 1, Galizien 5, Schlesien 2 und Dalmatien 2. In der gesamten Donau-Monarchie wurden 1871 20.774 Kleinkinder betreut. (Vgl. Berger, 2014)
Der erste Ausbildungskurs für Kindergärtnerinnen wurde 1868 von Albert Fischer in Wien durchgeführt, die erste Verordnung über die Errichtung, Erhalt und die Führung von Kindergärten wurde 1872 erlassen, wobei daraufhin weitere Kindergärten durch den Staat, Länder, Gemeinden, kirchliche Körperschaften, Vereine und Privatpersonen entstanden. Im Zuge dieser wellenartigen Entwicklungen in dieser politisch turbolenten Zeit gab es regionsweise ganz eigene Geschichten. Die bayrische Kaiseren Caroline Augusta z.B. erlaubte die Gründung der Kindergärten erst, als Ihre Majestät diese Einrichtunen in den Händen der Kirche wusste. Sie war der Meinung, dass die Kinder die Annehmlichkeiten der Betreuung eher folgen würden, als der Liebe des väterlichen Hauses. Und der Verlust dieser “Liebe” würde die Bindung an den Staat ebenfalls bedrohen. Abhängig vom sozialen Stand kamen Kinder entweder in Kleinkinderschulen, wo sie bereits sehr jung in Religion, Naturbeobachtung, Musik, Rechnen usw. unterrichtet wurden, was sich bald als unbrauchbar herausstellte, oder in Kinderaufbewahrungsstätten. Untere Schichten jedoch erlebten Missstände, die sich durch Platzmangel, nicht ausgebildetes Personal und durch das dogmatischen Anhängen von bizarren Gläubenssätzen der jeweiligen Personengruppe ergab. Oberstes Ziel in diesen Einrichtungen war, die Bewahrung vor der Straße. Unter diesem Aspekt ist Pädagogik eher Luxus. Man erhoffte sich damit, Eltern mit ihrer ärmlichen Situation versöhnen zu können. (Vgl. Berger, 2014)
Erste pädagogische Ideen Wie schon oben erwähnt, prägte F.Fröbels eine erste Pädagogik, das Kind in seinen geistigen und körperlichen Fähigkeiten zu schulen. Dies setzte sich in Österreich-Ungarn erst sehr spät durch, da man erst der Meinung war, das fröbelsche Spielmaterial nur schlecht an die Kinder weiter östlich anen zu können. Wörtlich: "Kinderspiele und Kinderliedchen haben ihre nationale Eigenart... Die Fröbelschen Gaben sind nicht so leicht der ungarischen kindlichen Seele anzuen.” (Gräfin Brunsvic zitiert nach Berger, 2014) Auch die schulähnliche Ausbildung der Kleinsten verlor bald ihre Bedeutung und man führte die “fröhliche Selbstbetätigung” ein.
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Fröbel schrieb über den Zweck des Kindergartens, dass er "Kinder des vorschulischen Alters nicht nur in Aufsicht zu nehmen, sondern ihnen eine ihrem ganzen Wesen entsprechende Betätigung zu geben; ihren Körper zu kräftigen, ihre Sinne zu üben und den erwachenden Geist zu beschäftigen; sie sinnig mit der Natur und Menschenwelt bekanntzumachen; besonders Herz und Gemüt richtig zu leiten und zum Urgrunde alles Lebens, zur Einigkeit mit ihm hinzuführen". (Fröbel zitiert nach Berger, 2014)
Reformpädagogik (1900 – 1931) Lili Roubiczek, eine in sozialistischen Jugend- und Studentengruppen und in Österreich lebende Studentin aus Prag, absolvierte 1920 den internationalen Montessorikurs in London, begann 1921 das “Haus der Kinder” in Wien aufzubauen und gründete damit die Montessoripädagogik in Österreich, nicht zuletzt durch ihr Engagement, welches bei Maria Montessori Begeisterung Begeisterung auslöste und ihr eine Autorisiertung der Montessori-Pädagogik in Österreich gestattete. (Vgl. Berger, 2014)
Maria Montessori Maria Montessori erkannte in der damaligen Kindererziehung Drill, Unfreiheit und Reglementierung und distanzierte sich davon. Sie wollte den in den Kindern von natur aus innowohnenden Kräfte eine Möglichkeit bieten, von sich aus das Lernen anzutreiben. Sie bemühte sich um das Beobachten der spontanten Selbstäußerungen eines Kindes, um Methoden, dem Kind eine lernförderliche Umgebung zu schaffen, was sich nicht zuletzt darin äußerte, dass auch an kindgerechte Möbeln und Gebrauchsgegenstände gedacht wurde. Ein Kind soll möglichst selbständig seine Tätigkeiten verrichten können, sei es im Lieblingsspiel, aber auch im Blumen gießen, aufräumen, Geschirr waschen usw. Durch Vorträge, die Montessori in Wien hielt, kam ihre Pädagogik nach Österreich, wobei mehrere Einrichtungen in Wien und weit darüber hinaus entstanden. Ihre Ansicht über ihre Beobachtungen der Kinder und der Idee, sie hätten für das Erlernen verschiedener Fähigkeiten besonders sensitive Perioden, stieß an die Meinung damaliger Mitglieder der Wiener Psychoanalytischen Vereinigung. Vielmehr war es danach sie, die im Anschluss die Ausübung ihrer Pädagogik der sozialistischen Roubiszek wieder untersagte. Unter anderem war es der Kontakt zu der Psychoanalytikerin Anna Freud, was der Roubiszek eher auf die Seite der Psychoanalytischen Pädagogik lenkte.
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Anna schrieb in ihrem Buch: “Einführung in die Psychoanalyse für Pädagogen”: “Ich meine, wir haben das Recht zu verlangen, dass der Lehrer oder Erzieher seine Konflikte kennen und beherrschen gelernt hat, ehe er die pädagogische Arbeit beginnt. Sonst dienen ihm die Zöglinge nur als ein mehr oder weniger günstiges Material, um seine eigenen unbewussten und ungelösten Schwierigkeiten an ihnen abzureagieren.” (Freud zitiert nach Berger, 2014) Mit der Okkupation Hitlers im Jahre 1934 wurden schließlich alle MontessoriEinrichtungen in Österreich geschlossen. Aber auch die Pychoanalytische Pädagogik wurde unter Hitler untersagt, was eine vielversprechende Reform der Kleinkinderpädagogik jäh beendete. (Vgl. Berger, 2014)
Nationalsozialismus (1938 – 1945) Ausgehend von den neuen Werten, die der Kriegszeit dienlicher waren, verfiel die Idee, das Kind im Mittelpunkt zu halten und es aufmerksam zu umsorgen, völlig. Vielmehr war die “Wehrhaftigkeit für die Jungen und die Mütterlichkeit für die Mädchen, […]” (Berger, 2005) im Focus der Erzieher gerückt und “demnach [wurden] angstmachende Situationen nicht vermieden, sondern wohl dosiert […] als eine Vorbereitung für den Erwachsenen, als eine Tugend des Soldaten.” (Laaber, 2011) Es wurde geschlechterspezifisch unterschieden, Mädchen und Buben wies man ihre Geschlechterrolle, wie sie im Nationalsozialismus gesehen wurde, zu. Den Eltern entzog man nach und nach der erzieherische Einfluss, so dass sich ihre Aufgabe auf die Erzeugung des Nachwuchses beschränkte. In der Hochblütezeit der Eugenik entwickelte sich vermehrt die feste Vorstellung, durch Geburt bzw. Erbanlagen eine bestimmte Güte der späteren Handlungsart im Erwachsenenalter zu erhalten. (Vgl. Wikipedia – Eugenik) Aus dieser Sicht ist die Erziehung demnach vergebene Liebesmüh. Es sei aber an dieser Stelle vermerkt, dass die Aufarbeitung des Themas “Kindergartenwesen in Österreich” zur Zeit ein weißer Fleck auf der Landschaft der Wissenschaft darstellt, sich vermutlich deshalb zukünftig weitere Aspekte weisen werden.
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Entwicklung des Kindergartens nach 1945 Der Krieg hinterließ ein zerstörtes Land, fortschrittliche Pädagogen sind aus dem Land emigriert oder wurden getötet. Die Pädagogik in den Nachkriegsjahren veränderte sich kaum, im Zentrum stand das kindliche Spiel. Erst 1957 wurde eine intensive Bildungsdiskussion ausgelöst, durch den sogenannten Sputnikschock: Die Überlegenheit der westlichen Leistungen im Bereich der Technik wurde plötzlich in Frage gestellt, als die Sowjetunion den ersten künstlichen Erdsateliten in eine Erdumlaufbahn brachte. (Vgl. Wikipedia-Sputnikschock, 2014) Der Kindergarten, der bisher eher als eine Notunterkunft gesehen wurde, bekam plötzlich einen Bildungsauftrag. In den Mittelpunkt rückte Vorschulerziehung: Förderprogramme zum Sprachtrining, Arbeitsblätter, etc. um eine größtmögliche Chancengleichheit für den Schulstart, aber auch soziokulturelle Unterweisungen um eine optimale Vorbereitung für die Anforderungen an die Bildungs- und Leistungsgesellschaft zu gewährleisten. “Eine ausgeprägte Wissenschaftsgläubigkeit setzte ein; selbst die kleinsten Teilaspekte der Vorschulerziehung wurden erforscht und mussten empirisch abgesichert, zumindest aber voluminös beschrieben sein.” (Berger, 2014) Aber schon bald wurden auch sozial-emotionales Lernen, soziale Kompetenzen und Teamfähigkeit mit in die Bildung integriert. Ein erster Rahmenplan für “Bildung und Erziehung im Kindergarten” entstand, wobei dieser recht bald durch den “Situationsansatz” erstetzt wurde. Hier geht Maria Waltraut Kellner von der Grundannahme aus, “dass Kinder sich auf ein Lernen für die Zukunft nur dann einlassen können, wenn ihre seelischen Grundbedürfnisse befriedigt werden […]” (Keller zitiert nach Berger, 2014) end zu der intensiven, und starren Ideologie des Nationalsozialismus folgte die gegensätzliche Welle der Antiautoritäre Erziehung. “Zu den Aporien der antiautoritären Erziehung zählte es, dass sie tief in der Tradition der Reformpädagogik stand, deren Grundideen hier eine radikale Zuspitzung fanden, und gleichzeitig gegen sie opponierte. Mit Rousseau und Reformpädagogen wie Berthold Otto, Maria Montessori und Gustav Wyneken gingen die Apologeten der antiautoritären Erziehung davon aus, dass der Mensch grundsätzlich gut sei und dass man das Kind sich selbst entsprechend seiner Natur entfalten lassen müsse, ohne es negativ zu beeinflussen.” (Vgl. Wikipedia-Antiautoritäre Erziehung, 2014) In den folgenden 1980er Jahren stieg nicht nur die Anzahl der Kindergärten und Gruppen markant an, auch entstand wissenschaftlich fundierte Material für den Kindergarten. Die Bildungsarbeit bekam maßgebend neuen fachdidaktische Ansätze durch die Bücher “Methoden des Kindergartens” Teil 1 und 2.
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Der Kindergarten heute - Fazit Zunehmend wird Zeit schneller empfunden, aus ökonomischen Gründen wird mehr Arbeit und weniger Menschen verteilt, während man sich gleichzeitig nahezu alle gesellschaftlichen Freiheitsgrade zu erobern scheint. Neue Lebenskonzepte werden erfunden und kommen stetig dazu: Scheidung, Wiederverheiratung, Alleinerziehen, Einzelkinder, Migration, Freiheit in der Ausübung von Religion vermischen sich mit alten und neue Ansichten, wie das Leben individuell am besten gemeistert werden kann. Die Frage, wie man ein Kind am besten für die Zukunft vorbereitet, scheint sich immer schwieriger zu gestalten, da der “Wandel” vorherrschend ist. Selbstständigkeit, persönliche Entfaltung bekommen immer größere Bedeutung, wobei starre Konzepte von Kindern schon in frühesten Jahren bereits hinterfragt werden. Keller schreibt in ihrer Dissertation, dass eine pädagogische Fachkraft “[…] eine selbstkritische und realistische Reflexionsfähigkeit der eigenen Person und der geleisteten Arbeit, Zivilcourage, Mut, Innovationsfähikeit für bedeutsame Anforderungen, selbstgesteuerte Leistungsmotivation, Veränderungsbereitschaft, Neugierde als Motor für eine permanente persönliche Weiterentwicklung, Interesse an Wissenszuwachs, Forschergeist, Selbtstständigkeit, autonomes Handeln, Engegement, Authentizität, Kommunikationsfähigkeit, Experimentierfreude, Fähigkeit zum Querdenken, Verantwortungsübernahme, Verlässlichkeit, Sach- und Wissenschaftsorientierung in fachlichen Diskussionen, keine Toleranz bei politisch radikalen Wahrnehmungen, Selbststeuerungsfähigkeit in belastenden Situationen usw. Diese Aufzählung ließe sich wahrscheinlich noch lange fortsetzen, drückt aber gleichzeitig aus, wie anspruchsvoll sich dieses Berufsbild darstellt.” (Keller, 2009)
Quellennachweis:
Wikipedia-Kindergarten, 17.11.2014, 9:15 Uhr, http://de.wikipedia.org/wiki/Kindergarten Geschichte des Kindergartens, Helga Laaber, PGA Linz, Kurs 430/673, 2011 Manfred Berger, Recherchen zum Kindergarten in Österreich: Gestern-Heute-Morgen, Online Handbuch, Herausgeber: Martin R. Textor, 17.11.2014, 9:23 Uhr, http://www.kindergartenpaedagogik.de/1240.html Wikipedia-Eugenik, 17.11.2014, http://de.wikipedia.org/wiki/Eugenik#Kaiserreich Wikipedia-Sputnikschock, 17.11.2014, 13:41, http://de.wikipedia.org/wiki/Sputnikschock Wikipedia-Antiautoritäre Erziehung, 17.11.2014, 14:40, http://de.wikipedia.org/wiki/Antiautoritäre_Erziehung Maria Waltraut Keller, Dissertation “Aus- und Weiterbildung osterreichischer Kindergartenpädagoginnen aus historischer und zukünftiger Perspektive”, Graz 2009
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